Unternehmenskultur – ein großes und schwammiges Wort, das besonders in den letzten Jahren zunehmend mit Bedeutung aufgeladen worden ist. Es gibt unzählige Erklärungen für diesen Begriff und eigentlich hat jeder seine ganz eigene Meinung zu diesem Thema. Jedes Unternehmen hat seine individuelle Kultur, ein ganz spezielles und besonderes Miteinander. Die Unternehmenskultur ist allgegenwärtig aber oftmals nicht zu greifen. Ich versuche trotzdem, dieses Thema anzugreifen und darzulegen, warum gerade Startups und SMBs im E-Commerce von einer guten Unternehmenskultur profitieren können. Lesen Sie im folgenden Artikel, auf welchen Faktoren eine positive Unternehmenskultur basiert und wie es Ihnen dadurch gelingt, Ihre Mitarbeiter langfristig an Ihr Unternehmen zu binden.
Geschriebene Unternehmenskultur
Ein Teil der Unternehmenskultur kann vom Management verordnet werden und eine bestimmte Richtung vorgeben; beispielsweise durch bestimmte firmeneigene Regeln, die schriftlich festgehalten werden (Policies) oder gar großzügige Benefit-Programme, die Anreize schaffen sollen. Dies ist oft in Konzernen mit internationalen Strukturen der Fall. Bei tausenden von Mitarbeitern würde andernfalls auch Chaos herrschen. Hier machen vorgegebene Prozesse Sinn. Bis ins Kleinste durchgeplante Projekte und festgelegte Belohnungsmodelle geben Sicherheit und erleichtern den Führungskräften den Alltag.
Bei kleinen Unternehmen oder Startups hingegeben ist es unnötig, für 10 Mitarbeiter einen Antrag auf Reisekostenerstattung einzuführen. Auch haben diese Unternehmen selten die monetären Mittel, um Jahresboni auszuzahlen oder Dienstwagen aus der Tiefgarage zu zaubern.
Hier spielt die andere – unsichtbare – Hälfte der Unternehmenskultur eine große Rolle.
Unsichtbare Unternehmenskultur
Ein wichtiger und großer Anteil der Unternehmenskultur unterliegt ungeschriebenen Gesetzen. Ein unsichtbarer Teil der Kultur sozusagen. Die Werte der Mitarbeiter beeinflussen die Unternehmenskultur beträchtlich und prägen den Arbeitsalltag. Besonders die sogenannten Digital Natives – die Newcomer und High Potentials der Generation Y und Z– suchen Umgebungen mit einer positiven Unternehmenskultur. Sie schreiben kryptische Codes, sprechen mindestens 2 – 3 Sprachen, haben im Ausland studiert, beziehen fast ihr gesamtes fachliches Wissen aus den digitalen Medien und sind in den Social Networks zuhause.
Die Werte der jüngeren Generationen beeinflussen die Unternehmenskultur beträchtlich und dem kann sich kaum ein Unternehmen entziehen – besonders, wenn der größere Anteil der Belegschaft zu diesen Generationen zählt.
Zum einen sollen sich die Mitarbeiter am Arbeitsplatz ja möglichst wohl fühlen und sich motiviert auf die Projekte stürzen – zum anderen sind die Mitarbeiter ein aktiver Teil der Unternehmenskultur. Sie leben, beeinflussen und verändern diese durch ihre Anwesenheit, ihre Arbeit und ihre Motivation. Jede einzelne Schraube im Zahnrad einer Firma trägt einen Teil bei. Vom Manager bis hin zum Praktikanten unterliegt jeder mit einem gültigen Arbeitsvertrag auch den ungeschriebenen Gesetzen einer Unternehmenskultur.
Welche Werte sind für die Generationen Y und Z wichtig?
- Unabhängigkeit und Individualismus
- Work-Life-Balance: Zeit ist wertvoller als Geld
- Teamwork vs. Führungsverantwortung rückt in den Hintergrund
- Selbstverwirklichung: Die Suche nach dem Sinn
- Flexibilität: Projektbezogenes Arbeiten
- Individuelles Glück ist der Maßstab
Was auffällt: Weder von Geld noch von Dienstwagen ist die Rede. Es geht um den Spaß an der Freude und die Befriedigung durch Selbstverwirklichung.
Der positive Einfluss von Nerf Guns
Und genau so trifft man den Nerv der Digital Natives. Für sie kann es schon das große Glück bedeuten, durch das Büro zu laufen und beispielsweise in einen Nerf Gun Krieg zu geraten oder beim Kickern den Manager abzuzocken. Diese kurze Ablenkung und Unbeschwertheit lädt die Akkus wieder auf. Die Mitarbeiter bekommen eine kurze Auszeit und können anschließend mit einem Lächeln auf dem Gesicht voller Freude zurück an die Arbeit. Und der Teamgeist wird nebenher auch noch gestärkt.
Das Akzeptieren, Bereitstellen oder aktive Unterstützen solcher Maßnahmen ist ein Teil einer unsichtbaren Unternehmenskultur.
5 unsichtbare Bausteine
Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, die unsichtbare Kultur zu prägen. Wichtig ist, dass Verhaltensweisen gelebt oder gar (vom Management) vorgemacht werden.
Vertrauen vs. Kontrolle
Manager vertrauen den Mitarbeitern, die Teammitglieder vertrauen einander, jeder einzelne in der Firma vertraut darauf, dass alle gemeinsam an einem Strang ziehen. „Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser“, werden jetzt einige von Ihnen sagen. Das ist auch nicht verkehrt, jedoch sollten Führungskräfte überlegen, welche Mittel sie zur Kontrolle heranziehen. Wenn das Team-Mitglied nach Selbstverwirklichung strebt und ohnehin den möglichst besten Job machen will, ist es vielleicht eine gute Möglichkeit, das Mittel direkt mit der betreffenden Person zu besprechen. Somit sind alle auf das Ziel konzentriert, ziehen an einem Strang und Vertrauen und Kontrolle gehen Hand in Hand.
Transparenz
Jede Abteilung hat ihren Sinn und Zweck, auch wenn sie mit dem direkten Business nichts zu tun haben. Die Controller schieben Zahlen von Excel-Sheet zu Excel-Sheet, die Buchhalter kümmern sich um die alltäglich anfallenden Rechnungen, um das Büro überhaupt erst „bewohnbar“ zu machen und Human Resources kümmert sich im Hintergrund um die Mitarbeiter. Aber jeder trägt einen wichtigen Teil zum Endergebnis bei – wenn auch nicht immer direkt am Ort des Geschehens. Trotzdem ist es für die Mitarbeiter, die nicht unmittelbar mit den Kunden oder Umsatzzahlen zu tun haben, wichtig zu erfahren, wie es der Firma geht, welche Ziele angestrebt werden oder Herausforderungen bevorstehen. Somit bekommt jeder Einzelne ein Gespür für den übergeordneten Zweck. Aber was viel wichtiger ist: Durch „das Gefühl, in einem Boot zu sitzen“, verdeutlicht man jedem einzelnen Mitarbeiter, warum er an Bord ist und findet sozusagen den Sinn der Arbeit.
Ehrlichkeit
Versprich nie etwas, was Du nicht halten kannst. Es ist nicht schlimm, zugeben zu müssen, dass die Budgets etwas enger geschnallt werden müssen. Ehrlichkeit verbindet bei genauerem Betrachten sogar die Punkte Transparenz und Vertrauen. Immerhin sitzen alle in einem Boot und haben Verständnis für die Lage, da sie die Beweggründe kennen. Durch Ehrlichkeit lernen die Mitarbeiter darauf zu vertrauen, dass ein Wort etwas wert ist. Wenn der Tag gekommen ist, und ein Versprechen gemacht werden kann, wissen die Leute, dass es geschehen wird. Außerdem kommt ehrliches Feedback am besten an. „Das war gut, weil…“ oder „Das war nicht so gut, weil…“ ist doch allemal besser als ein geheucheltes „Super!“. Wenn hintenrum herauskommt, dass die Aufgabe völlige Zeitverschwendung ist und das Unternehmensziel nicht unterstützt, verliert Jeder die Lust an der Arbeit. Ehrliche und konstruktive Kritik ist ein gutes Mittel, den Selbstverwirklichungs-Drang der Mitarbeiter zu stillen. So bekommt man die Chance, sich zu verbessern, selbst die Verantwortung für ein Projekt zu übernehmen und sein individuelles Glück zu erarbeiten. Wer will schon etwas geschenkt bekommen? Dafür hat ein Großteil der jungen Generationen einen zu hohen Anspruch an sich selbst. Und genau diese Eigenschaft sollten sich besonders kleine Unternehmen zu Nutze machen.
Teamgeist
Eine simple Rechnung geht auf: Vertrauen + Transparenz + Ehrlichkeit = Teamgeist
Besonders in SMBs und Startups tragen oft einzelne Personen viel Verantwortung. Ganze Abteilungen sind One-Man/Woman-Shows. Gerade dann ist es wichtig, dass sich Jeder auf Jeden verlassen kann. Die Abteilungen sollten sich gegenseitig unterstützen und nicht gegeneinander arbeiten. Wenn dieses Level erreicht ist, kann man abends beim Feierabendbier gemeinsam Spaß haben und albern sein, aber weiß dennoch, dass am nächsten Tag die Projekte mit Hochdruck verfolgt werden. In einem eng verbundenen System zu arbeiten, bietet einem die nötige Unterstützung und gleichzeitig ein Sicherheitsnetz.
Humor
Das Leben ist ernst genug – und genau das haben die Newcomer der Generation Y und Z verinnerlicht. Ein Ausgleich ist wichtig, und warum diesen nicht auch ab und an die Firma einbinden? Grillabende, Karaoke-Veranstaltungen oder Themen-Partys heben die Stimmung, sorgen für etwas Abwechslung und fördern die Loyalität. Solche Veranstaltungen sollen nicht an der Tagesordnung stehen, aber ab und zu ein gemeinsames Ziel setzen, auf das sich alle freuen.
Fazit
Jedes Unternehmen hat eine Kultur, ob es will oder nicht. Eine positive Beeinflussung dieser Kultur muss nicht immer etwas kosten und ist ganz einfach umzusetzen. Wer die richtigen Signale sendet und seine Werte lebt, kann Mitarbeiter motivieren und binden.
Gehen Sie mit gutem Beispiel voran, öffnen Sie die richtigen Türen und führen Sie Ihr Unternehmen so an die Spitze.