So unglaublich es auch klingt, ist das Shoppen im Internet in vielen Fällen besser fürs Klima als der Einkauf in einem Ladengeschäft. Verschiedene Studien zeigen warum.
Da hat man mal wieder den Bock zum Gärtner gemacht, scheint es auf dem ersten Blick zumindest. Denn Otto, das einzig überlebende große deutsche Versandhaus, und Hermes – nicht der Götterbote, sondern der Paketdienst – haben eine unabhängige Studie in Auftrag gegeben, die erstmals umfassend belegt, dass der Online-Kauf trotz der vielen immer größer werdenden Pakete und Retouren oft besser für das Klima ist als der Einkauf in einem Ladengeschäft.
Pkw ist Lieblings-Einkaufskutsche
Auf knapp 130 Seiten hat das Deutsche CleanTech Institut (DCTI) unter anderem offengelegt, dass es auch viel an dem Verbraucher liegt, wie es um die Klimabilanz des Online- und stationären Handels bestellt ist. Über 60 Prozent der Befragten gaben an, dass sie mit dem Pkw einkaufen fahren. Würden sie stattdessen zu Fuß zum Einkaufen gehen, beziehungsweise mit dem Fahrrad oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln (ÖPNV) fahren, könnten sehr viel CO2-Emissionen eingespart werden und der stationäre Handel wäre sehr viel klimafreundlicher.
Mehr zu der DCTI-Studie von Otto und Hermes später. Denn es ist zwar die umfangreichste, aber nicht die erste Studie, die zu dem erstaunlichen Ergebnis kommt, dass der Online-Handel in Sachen Klimabilanz besser ist als sein Ruf und oft sogar besser als der stationäre Handel. So hat das Öko-Institut e.V., wie die kritische WDR-Wissenschaftssendung Quarks berichtete, 2015 ermittelt, dass der Kauf von Schuhen im Online-Handel inklusive Retouren im Schnitt weniger CO2 (Kohlenstoffdioxid) verbraucht als selbst mit dem so umweltfreundlichen Fahrrad zu einem stationären Schuhgeschäft zu fahren.
Erstaunliche CO2-Bilanz des Online-Handels
Der Online-Handel steht mit 1.030g CO2 in der Bilanz, beim stationären Schuhhandel mit dem Drahtesel sind es 1.270g CO2, mit dem Bus 1.670g CO2 und mit dem eigenen Auto 3.270g CO2. Geschäfte wollen zu Werbezwecken schließlich bis in die späten Abendstunden oder die ganze Nacht immer gut beleuchtet sein. Je teurer die Produkte, desto mehr werden sie angestrahlt, desto höher ist ihr „Energiebedarf“ im Ladengeschäft, wie Thomas Bergman vom Öko-Institut erklärte. Hinzu kommt die Heizung und die Tatsache, dass viele Geschäfte auch in unseren Breiten im Sommer die Klimaanlage anwerfen. Es muss ja nicht gleich so sein wie in Fernost, wo die Türen bei klirrend kalt eingestelltem Air Conditioner oft offen stehen, um die Passanten anzulocken. Denn dann wäre die Klimabilanz des stationären Handels noch schlechter.
In all den Berechnungen des Öko-Instituts sind der Stromverbrauch, die Logistikwege und die Rücksendungen beim Online-Einkauf ebenso berücksichtigt wie der Transport sowie der Energieverbrauch einschließlich Strom, Wärme und Kühlung in den Ladengeschäften.
Verpackungsgröße auch entscheidend
Auch die Größe des Pakets spielt natürlich eine Rolle und da kommt der Online-Handel oft schlechter weg, weil manche der Warenlieferungen hier besonders überdimensioniert werden. Da kann es schon mal sein, dass ein Paar Jeans in einer Kartonage kommen, in der auch Kleidung für eine Großfamilie Platz hätte. „Je größer das Paket, desto höher ist der CO2-Ausstoß pro Lieferweg“, so Bergmann. Bei doppelter Größe verdoppelt sich auch der CO2-Ausstoß, zum Beispiel von 270g auf 540g im CO2-Äquivalent.
Die fast 130 Seiten umfassende DCTI-Studie sowie die vom Öko-Institut, unterscheiden nach verschiedenen Kleinartikel inklusive Handys und Großartikeln wie Sofas. Das Handy kommt demnach bei im Schnitt 13,4 km Einkaufsfahrt im Geschäft auf einen CO2-Ausstoß von 450 g, im Internet bei der „Mitfahrgelegenheit“ im Lastwagen sind es dagegen nur 310 g. Bei einem Sofa ist der Unterschied nicht ganz so groß. Im Geschäft schlägt es mit einer Co2-Bilanz von 8,4 kg, im Online-Handel von 8,0 kg zu Buche. Dabei lassen sich jeweils 60 Prozent der Kunden die große Ware nach Hause bringen.
Offline- und Online-Handel nach Waren
Der Studie zufolge haben beide Einkaufsmöglichkeiten Vorteile. Beim Kauf im Ladengeschäft überwiegt das Einkaufserlebnis und man kann die Sachen auch anprobieren. Dabei werden Schuhe aber tatsächlich öfter anprobiert als Blusen. Kleinere Elektroartikel werden öfter online gekauft als große „Weiße Ware“ und Möbelstücke, eben auch, weil die Kunden sich die Produkte genauer anschauen und probesitzen oder -liegen wollen.
67 Prozent der Unterhaltungs- und 62 Prozent der Elektrokleinartikel werden entsprechend der Argumentationslinien online gekauft. Bei vielen anderen Waren überwiegt dagegen der Einkauf im stationären Handel: bei Schuhen zu 71 Prozent, bei Bekleidung und Accessoires zu 58 Prozent, bei Groß-Elektroartikel zu 65 Prozent und bei Möbeln gar zu 81 Prozent. Dabei wird stationär mit drei gegenüber 2,4 Artikeln im Schnitt auch mehr eingekauft.
Tipps für eine bessere Klimabilanz online wie offline
Die DCTI-Studie gibt auch Tipps, was man beim Einkaufen selbst tun kann, um die Klimabilanz der Kunden und Zusteller zu verbessern. Ganz vorne sind die Senkung der Retourenquote und intelligentere Lieferangebote, damit es nicht so viele Zustellversuche gibt. Klimafreundlichere Fahrzeuge, wie sie neben DHL auch Hermes einsetzt, können auch die Klimabilanz im stationären wie im Online-Handel senken, ebenso nachhaltige Mobilitätskonzepte, nicht zuletzt eine Aufgabe für die Politik.
Da 62 Prozent der Einkäufe mit dem Auto erledigt werden und der Pkw-Verkehr maßgeblich für die Schadstoffbelastung in Deutschland verantwortlich ist, liegt nahe, dass der Umstieg auf Fahrrad, Schusters Rappen oder öffentliche Verkehrsmittel einen positiven Beitrag zum Umweltschutz leisten dürfte. Dazu gehört natürlich auch die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur.
Last but not least nennt die Studie neue Konzepte für die Kombination verschiedener Einkaufskanäle. Ob das aber, wie suggeriert, so funktioniert, dass der Kunde sich online informiert, die Ware dann zur Begutachtung in ein Geschäft und dann nach Hause kommen lässt, selbst aber umweltfreundlich mit den Öffentlichen fährt, scheint etwas fraglich. Aber es ist eine Diskussionsgrundlage. Denn der Trend geht immer mehr zum Multi- und Omnichannel. Und das erfordert nun mal neue Konzepte, um stationären und Online-Handel ökologisch in Einklang zu bringen.
Private Weekend Catwalks sprechen gegen Rechnungskauf
Noch einmal zurück zu den vielen Retouren: Im Online-Bekleidungshandel haben private Wochenend-Modepartys von überwiegend jungen Kunden so ins Kontor geschlagen, dass manche Online-Versandhäuser keine Zahlung auf Rechnung mehr annehmen oder nur noch für eine bestimmte Obergrenze bei den Bestellungen. Daher geht der Trend zu anderen Verfahren wie der Münchener Zahlungsdienstleister PAYMILL mit Kreditkarten, PayPal, SEPA-Lastschrift und DIREKT (Überweisung) sie bietet. Letzteres verhält sich wie eine Vorkasse und sorgt dafür, dass der Händler unmittelbar nach der Zahlungsbestätigung die Ware auf den Weg schicken kann.
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