Traditionen und ungeschriebene Gepflogenheiten, wie etwas in einem Unternehmen angegangen wird, haben immer auch etwas mit der Kultur eines Unternehmens zu tun. Mit dem Thema Unternehmenskultur habe ich mich ja bereits in meinem letzten Blog Post auseinandergesetzt. Traditionen können etwas sehr positives sein, sie geben Zusammenhalt und können einem Team, einer Abteilung oder ganzen Firma damit auch eine persönliche Haltung und Note geben. Aber wenn diese Haltung übertrieben wird, wird die Unternehmenskultur irgendwann unflexibel und stellt neuen Ideen schnell ein Bein. Denn festgefahrene Prozesse sind für Innovationen ein echtes Problem. In diesem Blog Post wird es daher um die in einer Kultur herangezüchteten Traditionen gehen. Wie kommt es eigentlich zu festgefahrenen Prozessen und der Aussage „Das haben wir schon immer so gemacht!“? Und wie können wir die Tradition auf kluge Weise mit Innovation verknüpfen?
Der Geist der Bananen
Eine interessante (mehr oder weniger wahre) Geschichte hierzu handelt von einem Experiment, das man mit Affen und Bananen durchgeführt hat. Wenn man mit etwas Humor an die Sache ran geht, regt das Ergebnis definitiv zum Nachdenken an.
Ein Gruppe von Affen sitzt im Kreis um eine Leiter, an deren Spitze Bananen hängen. Sobald ein Affe versucht, an die Bananen zu kommen, werden alle Affen nass gespritzt. Die Affen lernen daraus und greifen immer denjenigen aus ihrer Gruppe an, der versucht, die Bananen zu erreichen, um die übergreifende Konsequenz zu vermeiden. Wird ein Affe ausgetauscht, und der Neuling versucht, die Bananen zu ergattern, wird auch dieser einfach von seinen Artgenossen verprügelt. Dem Neuling könnte man, sofern die Affen dazu in der Lage sind, vielleicht noch erklären, warum er nicht zu den Leckerbissen darf. Tauscht man jedoch sukzessive alle Affen aus, wird irgendwann keiner aus der Gruppe mehr wissen, warum derdejenige, der an die Bananen möchte, jedesmal angegriffen werden muss; bis irgendwann keiner mehr auch nur auf die Idee kommt, die Bananen erlangen zu wollen. Selbst wenn gar keine Konsequenzen mehr folgen – man hat das halt schon immer so gemacht, oder auch nicht.
Diese Geschichte, die ich hier gefunden habe, lässt sich leicht auf Unternehmensstrukturen übertragen. Tradition und festgefahrene Prozesse aus der Vergangenheit legen den neuen Mitarbeitern Steine in den Weg – ohne dass diese wissen, warum. In jedem Unternehmen folgen spezifische Konsequenzen auf Verhaltensweisen oder es gibt vorgegebene Richtlinien und Grenzen innerhalb dessen sich die Mitarbeiter bewegen dürfen. Ein Teil der resultierenden Folgen ist in den Unternehmens-Richtlinien schriftlich festgehalten und ein anderer Teil beruht auf einer unter Umständen langjährigen und häufig unausgesprochenen Tradition von Gepflogenheiten, die das Unternehmen beherrschen.
Was bedeuten Traditionen für eine Firma?
In aller Kürze erklärt, bedeutet Tradition, dass etwas schon lange betrieben oder vorgelebt wird.
Nachdem die Generation der Babyboomer selbstverständlich schon länger auf dem Arbeitsmarkt anzutreffen ist als die Generationen Y und Z und die Führungsebenen großer und weltweit agierender Unternehmen besiedelt, werte ich deren Wertvorstellungen in diesem Kontext als die traditionellen Werte. Besonders ins Auge stechen da folgende generationstypische Ansichten:
- Leben, um zu arbeiten
- Sicherheit und Stabilität stehen im Fokus
- Hohes Maß an Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber
- Persönliches Wachstum durch Wertschätzung von Erfahrung
- Flexibilität / Anpassungsfähigket im sozialen Kontext
- Skeptisch gegenüber technischen Neuerungen
- Work-Life-Balance ist sekundär
Dies alles sind Werte, die sich im Wesentlichen von denen der Gen Y und Z unterscheiden, mehr zu deren Werten hier. Was allerdings nicht bedeutet, dass diese Werte heute nicht auch noch erstrebenswert sind! Gerade in der unserer schnelllebigen Zeit, in der eine technische Neuheit die nächste jagt, Menschen mehr und mehr projektbasiert arbeiten und ihnen dabei egal, ist wer das Gehalt bezahlt, können gerade traditionelle Werte ein Fels in der Brandung sein und helfen, sich beim Überangebot von Reizen auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Traditionen können Sicherheit vermitteln. Jedes Jahr ein Sommerfest mit allen Mitarbeitern und Kunden zu veranstalten, zeigt Kontinuität und Stabilität. Mit einer alljährlichen Weihnachtsfeier wird außerdem ein Anlass geschaffen, auf den sich die Kollegen freuen können. Die Verantwortung, die in einem Familienunternehmen von Generation zu Generation weitergegeben wird, zeigt Beständigkeit in der heutigen Welt, voll von Unsicherheit und Übermaß.
Ab wann werden Traditionen absurd?
Traditionen verpflichten, aber man sollte wissen, wann es genug ist. Man sollte die Augen nicht verschließen und sowohl die Technik einziehen lassen als auch den Werten der jungen Generationen Platz einräumen.
Stellen Sie sich vor, ein Unternehmens-Boss hätte sich in den 90ern gegenüber Computern verschlossen? Wohin hätte das geführt? Eine gewisse Offenheit – gepaart mit Vorsicht – den neuen Technologien gegenüber, sollte an der Tagesordnung stehen. Beispielsweise die Social Networks und wie man diese zu Marketing-Zwecken nutzen kann, sollte nicht außer Acht gelassen werden.
Und genau hier treffen die Generationen und Werte auf einander:
Tradition vs. Innovation
Vorsicht vs. Wagemut
Alt bewährt vs. schnelllebig
Sich verzweifelt an alte Prozesse oder Gepflogenheiten zu klammern, kann mehr Schaden anrichten als einfach seinen Horizont zu erweitern und sich in neue Gebiete hervorzuwagen. Warum muss es immer Schwarz oder Weiß sein? Besonders E-Commerce Unternehmen und Startups können doch von beiden Seiten profitieren und aus beiden Welten das Beste kombinieren.
Lassen sich Traditionen und Innovation vereinen?
Eine gelungene Mischung aus „Alten Hasen“ und „Youngstern“ erscheint mir das perfekte Erfolgskonzept. Die Beständigkeit und Loyalität der Babyboomer ist ein gutes Vorbild für die Gen Y-Mitarbeiter. Modell lernen ist die einfachste Form um die Unternehmenskultur (positiv) zu prägen – in dem man schlicht und einfach mit gutem Beispiel voran geht.
Auch haben die älteren Generationen den Erfahrungs-Bonus. Im Laufe ihrer Karriere haben diese sicherlich schon so einige Dinge ausprobiert, worüber die Newcomer heute nur staunen können. Besonders wichtig sind hier auch die Negativbeispiele. Probierfreude hin oder her – Erfahrungen muss jeder selbst machen und diese sammelt man einzig und alleine durch Zeit.
Die Flexibilität der Digital Natives hingegen kann sich positiv auf den Tellerrand der älteren Kollegen auswirken. Ihre Leidenschaft für Technik, beispielsweise Social Networks oder ihr Gespür für den Internetauftritt der Firma, sollte man ernst nehmen. Vor allem im E-Commerce Bereich kann man die Meinung der Mitarbeiter heranziehen, die dem Alter der Zielgruppe entsprechen.
Fazit = Tradinnovation
Die Werte beider Generationen sind erstrebenswert; und Schwarz und Weiß gemischt ergibt eine erfolgsversprechende Palette aus diversen Grautönen.
In gemeinsamen Meetings oder Brain-Storming-Runden können alle Beteiligten ihre Argumente vorurteilsfrei in die Manege werfen und das Für und Wider der einzelnen Möglichkeiten abwägen. Die Älteren können ihre Berufs- und Lebenserfahrungen einfließen lassen und die Jüngeren Teammitglieder können unbeschwert auf der Suche nach Trends durch diverse Kanäle rauschen.
Wenn sich diese Basis nun noch mit Loyalität und Selbstfindung paart, ist der Grundstein für ein erfolgreiches Unternehmen gelegt.