Retouren werden für Online-Händler immer problematischer. Laut einer Studie des Branchenverbandes Bitkom nimmt die Retourenquote im Online-Handel stetig zu. Mittlerweile ziehen auch Riesen wie Amazon allzu großzügige Rückgaberegelungen wieder zurück und verschärfen die Prozesse. Erfahren Sie, wie auch Sie die Retourenquote senken.
Zwölf Prozent aller online bestellten Waren werden zurückgeschickt, so eine aktuelle Studie des Branchenverbandes Bitkom. Das ist eine erhebliche Steigerung gegenüber dem Vorjahr, als noch zehn Prozent der Sendungen retourniert wurden.
Der größte Retouren Anteil liegt bei Frauen, die 15 Prozent ihrer Bestellungen zurückschicken, während es bei den Männern nur neun Prozent sind. Besonders junge Menschen in der Altersgruppe zwischen 14 und 29 tragen einen großen Anteil an der Retourenquote – rund 18% schicken regelmäßig Ware zurück.
„Die Retourenquoten sind gerade in speziellen Warengruppen wie bei Kleidung enorm hoch und steigen von Jahr zu Jahr“, sagt Bitkom-Expertin Julia Miosga. Für die Online-Händler gehören Retouren zwar zum Alltag, sollten aber nicht unterschätzt werden. „Oft ist die Aufbereitung zum Wiederverkauf von zurückgeschickter Ware mit viel Aufwand verbunden: Retouren bedeuten für die Anbieter schließlich nicht nur einen entgangenen Umsatz, sie verursachen auch Personal- und Prozesskosten, um die Retoure zu prüfen und in den Lagerbestand zurückzuführen.“
Die Aufbereitung der retournierten Ware ist für die Händler teuer und personalintensiv. In vielen Fällen können die Produkte sogar nicht wieder zum selben Preis verkauft werden. Die Händler müssen sich dann alternative Vertriebswege suchen wie Outlets oder Gebrauchtportale. Vor allem in den Kategorien Möbel oder Elektronik leiden die Produkte unter dem Hin- und Rückversand. Oft sind die Waren beim Auspacken auch so stark beschädigt worden, dass sie nicht mehr verkauft werden können und direkt entsorgt werden müssen.
Reduzierung von Retouren
Um die Anzahl der Retouren zu reduzieren, setzen viele Online-Shops bereits auf detaillierte Produktinformationen oder digitale Möglichkeiten wie das Angebot eines Live-Chats zur Kundenberatung. „Je mehr Information es zu einem Artikel gibt, desto besser kann der Kunde das Produkt einschätzen und desto weniger gibt es beim Öffnen des Pakets böse Überraschungen.“, so Miosga. Als Händler im Modebereich sollten Sie daher im besten Fall etwa nicht nur die reinen Größen angeben, sondern auch, wie die Ware ausfällt. Auch 360-Grad-Bilder, Nahaufnahmen und Videos können dem Käufer ein Produkt besser vermitteln. Eine weitere Möglichkeit ist es, den Retourenprozess nicht zu sehr zu vereinfachen und den Kunden beispielsweise den Retourenschein selber ausdrucken zu lassen. Viele Händler fragen auch aktiv nach dem Feedback des Kunden und belohnen ehrliche Artikelbewertungen. So können sich neue Kunden ein noch besseres Bild vom Produkt machen.
All dies ist aber kein Allheilmittel, denn viele Kunden haben noch vor der Bestellung den festen Vorsatz, Waren zurückzusenden. Mehr als die Hälfte aller Online-Shopper praktizieren dies laut Bitkom hin und wieder, sechs Prozent tun dies sogar regelmäßig.
Retourenregeln werden verschärft
Der Missbrauch von Retouren betrifft große ebenso wie kleine Händler. Zalando ist besonders betroffen und Mitgründer David Schneider hat eingestanden, dass die Retourenquote in seinem Unternehmen bei 50 Prozent liegt. Schneider will dennoch nichts ändern und betont: „Retouren gehören ganz klar zum Geschäftsmodell.“
Amazon hat sich dagegen zum Durchgreifen entschlossen. Der Online-Händler sperrt immer mehr Kunden das Konto, weil sie zu oft Waren zurückgeben oder reklamieren. Die Preise für das Premium-Angebot Amazon Prime wurden 2018 um 20 Prozent erhöht.
Auch andere Online-Händler in den USA haben ihre Rückgaberegelungen verschärft und allzu großzügige Garantien einkassiert. Der Outdoor-Spezialist LL Bean etwa hat seine unbeschränkte 100-Prozent Zufriedenheits-Garantie zurückgestellt, weil einige Kunden abgetragene Schuhe zurückbrachten oder Kleidung, die sie auf dem Trödelmarkt erstanden hatten.
Die Unterwäsche-Kette Victoria’s Secret, die CVS-Drogerien und die Kosmetik-Kette Sephora setzen Daten-Spezialisten ein, die ihren Kunden ein Risiko-Rating verpassen, um betrügerische oder verlustbringende Käufer auszumachen.
Künstliche Intelligenz zur Betrugsbekämpfung
Warnsignale für möglichen Betrug sind sehr große Bestellungen, Adressänderungen nach der Bestellung oder sehr viele Bestellungen von derselben Adresse in einem kurzen Zeitraum.
Wenn Ihnen die Sache verdächtig vorkommt, rufen Sie den Kunden an und prüfen Sie die E-Mail-Adresse sowie die IP-Adresse.
Nach einer Studie der Daten-Analyse-Firma Appriss haben allein die US-Einzelhändler im vergangenen Jahr 351 Milliarden Dollar Umsatz durch Rückgaben verloren. Knapp 23 Milliarden dieser Rückgaben, schätzt Appriss, waren betrügerischer Art.
Damit Händler nicht Betrügern zum Opfer fallen, kann der intelligente Einsatz von Software-Werkzeugen ratsam sein. Künstliche Intelligenz kann das Bestellverhalten einzelner Kunden verfolgen und Warnungen herausgeben, wenn es zu Unregelmäßigkeiten kommt. Die Software-Roboter lernen aus Erfahrungen und können im Lauf der Zeit immer bessere Prognosen abgeben.
Laut der Analyse-Firma Appriss kann der Einsatz von Künstlicher Intelligenz die Betrugsquote im Online-Handel deutlich reduzieren. Im Moment sind solche Werkzeuge noch sehr teuer, aber es ist zu erwarten, dass diese in den nächsten Jahren auch für kleinere Händler bezahlbar werden.