Lebensmittel im Internet zu bestellen, wird immer beliebter. Es gibt viele innovative Konzepte, aber für Händler stellt sich die Frage welcher Weg von den Kunden angenommen wird. Wir geben einen Überblick über den Onlinevertrieb in der Lebensmittelbranche.
Beim Online-Kauf von Lebensmitteln fällt schnell auf, dass die Preise teilweise teuer als im stationären Handel sind und auch die Lieferkosten hinzukommen oder ein Mindestbestellwert erreicht werden muss. Eine Studie von A.T. Kearney zeigt jedoch, dass eine kaufkräftige Zielgruppe durchaus bereit ist mehr zu bezahlen. 21 Prozent derjenigen, die mehr als 200 Euro pro Woche für Lebensmittel ausgeben, bestellt mindestens einmal monatliche Lebensmittel im Internet, so eine Studie von A.T. Kearney. Allerdings sind sie auch anspruchsvoll und erwarten eine schnelle Lieferung.
Der Markt für den Online-Handel mit Lebensmitteln befindet sich generell im Aufschwung, auch wenn sich allzu optimistische Marktprognosen nicht erfüllt haben. In einer aktuellen Markstudie des Beratungshauses McKinsey vom November 2018 beziffern die Forscher das weltweite Marktvolumen für Online-Food mit 83 Milliarden Euro oder ein Prozent des gesamten Lebensmittelhandels.
Nun ist die Bestellung von Lebensmitteln, früher meistens per Telefon, heute eher online, nichts grundsätzlich Neues. Milchmänner, Getränkelieferanten und Pizzadienste praktizieren dies schon seit Jahrzehnten. Diese traditionelle Kategorie hat laut McKinsey einen Marktanteil von 90 Prozent und fast drei Viertel der Bestellungen gehen nach wie vor per Telefon ein.
Die Erwartungshaltung der Kunden ändert sich allerdings rapide. Sie erwarten auf Shopping-Plattformen bequemes Einkaufen und Transparenz. McKinsey hat zwei neue Arten von Plattformen identifiziert, die Aggregatoren, die es seit 15 Jahren gibt, und die Delivery Players, die seit 2013 den Markt aufmischen.
Aggregatoren sammeln Bestellungen ein und leiten diese an Restaurants weiter, die die Mahlzeiten zubereiten und ausliefern, ganz wie im traditionellen Modell. Dies Aggregatoren, wie Foodora oder Lieferando, verlangen von den teilnehmenden Restaurants eine fixe Marge und sind hochprofitabel. Eine hohe Kundenbindung ist ein weiterer gewichtiger Vorteil für die Anbieter, denn 74 Prozent der deutschen Kunden, die sich für eine Plattform entschieden haben, bleiben dann auch dabei.
Neue Player im Markt
Die neuen Delivery Player fokussieren sich dagegen auf die Logistik und bauen dafür ein Netzwerk auf. Sie treten als Dienstleister für Restaurants auf, die sich keine eigenen Fahrer leisten wollen oder können. Sie sprechen gezielt Wirte an, die bisher an der Auslieferung kein Interesse hatten und eher qualitativ hochwertige Speisen offerieren. Sie erhalten vom Restaurant eine feststehende Marge und verlangen zusätzlich vom Endkunden eine Liefergebühr. Sie können auf diese Weise profitabel arbeiten. McKinsey erwartet für dieses Segment hohe Wachstumsraten.
Konkurrenz zum Supermarkt
Noch ambitionierter ist das Konzept, nicht nur ausgewählte Mahlzeiten, sondern fast die gesamte Angebotspalette eines Supermarkts online zu liefern. Hier stellt sich allerdings stark die Frage nach der Wirtschaftlichkeit. Von den vier großen deutschen Ketten haben Aldi und Lidl wie es scheint aktuell kein Interesse am Online-Handel, Edeka und Rewe bieten dagegen den Online Service fast flächendeckend an.
„Uns geht es kurzfristig gar nicht darum, im Internet-Lebensmittelhandel Geld zu verdienen. Wir sehen das als Investition in die Zukunft“, erklärte Rewe-Chef Lionel Souque in einem Interview im Februar 2019. Rewe ist in 75 Städten präsent, will aber nicht weiter ausbauen.
Amazon Fresh als Lieferdienst für frische Lebensmittel ist in Berlin, Potsdam, Hamburg und München präsent. Amazon Prime Now mit einem Zeitfenster von zwei Stunden gibt es nur in München und Berlin.
Edeka 24 kooperiert mit dem Versandriesen DHL und bietet ab einem Bestellwert von 75 Euro kostenlose Lieferungen sowie kostenlose Retouren. Allerdings ist das Angebot auf hochwertige Waren beschränkt.
Da die Angebotspalette der Großen doch noch erhebliche Lücken aufweist und das sowohl in der regionalen Abdeckung als auch im Gesamtportfolio, gibt es genügend Chancen für kleinere Online-Händler, die Nischen im Online-Vertrieb von Lebensmitteln abdecken wollen.
Jedenfalls ist es interessierten Händlern anzuraten, sich auf keinen Preiskampf einzulassen, sondern immer daran zu denken, dass Logistik aufwendig und teuer ist.
Neue Modelle für den Online-Supermarkt
Es gibt einige Start-ups, die mit innovativen Ideen eine neue Form des Online-Supermarkts finden wollen. Picnic aus Düsseldorf ist ein regionaler Anbieter, der demnächst nach Viersen expandieren will. Picnic liefert seine Produkte mit kleinen Elektro-Flitzern aus, die fest definierte Runden zu fahren – „wie früher der Milchmann“.
Das e-Food-Start-up Getnow hat Standorte in Berlin, München, Neuss, Düsseldorf und Frankfurt. Kooperationen mit METRO und DHL erhöhen die Reichweite.
Sirplus aus Berlin propagiert den Rettermarkt. Das Social Impact StartUp will Lebensmittelverschwendung bekämpfen und überschüssige Lebensmittel durch den Verkauf in den drei eigenen Berliner Rettermärkten als auch dem Onlineshop zurück in den Kreislauf bringen.
Das ebenfalls in Berlin ansässige Start-up HelloFresh liefert so genannte Kochboxen aus. Die Idee ist es, komplette Gerichte nach wöchentlich neuen Rezepten zusammenzustellen, die binnen 30 bis 40 Minuten gekocht werden können.
MyEnso aus Bremen will dort sein, wo andere nicht hinwollen und genau in die kleinen Orte in Niedersachsen liefern, in denen es keinen Laden oder Supermarkt mehr gibt. Mit diesem Konzept der bewussten Marktlücke sucht MyEnso die Kooperation mit anderen Spezialanbietern und Herstellern. Statt Kunden sollen Pioniere das Konzept des Online-Supermarktes weiterentwickeln und können über das Produktangebot mitbestimmen.