„Was will der Kunde eigentlich?“, fragt sich jeder Verkäufer. Mit Neuromarketing soll nun ein besserer Einblick in die Gedankenwelt des Gegenübers möglich werden. So winken höhere Absatzchancen.
Schon vor mehr als 100 Jahren hat der norwegische Wirtschaftswissenschaftler Thorstein Veblen in seiner „Theorie der feinen Leute“ herausgefunden, dass wohlhabende Kunden oft Dinge kaufen, die sie eigentlich gar nicht benötigen. Sie wollen durch den Kauf in erster Linie ihr Selbstwertgefühl steigern.
Heute sollen Computertechniken mit dem so genannten Neuromarketing die Gedankengänge des Kunden aufschlüsseln und so dem Händler höheren Umsatz bescheren. Im stationären Einzelhandel können die Händler erfolgreich Geruch oder Musik einsetzen, um Anreize zu setzen. Der Duft frischer Backwaren steigert den Appetit und französische Chansons fördern die Sehnsucht nach Käse oder Wein aus dem Sortiment unserer gallischen Nachbarn.
Im E-Commerce ist das Ganze etwas schwieriger. Auf klassische Sinnesreize muss der Online-Händler verzichten. Die Suche nach dem magischen Kauf-Button im Hirn des Käufers kann dennoch effizienter gestaltet werden. Es geht darum, eine Website und ein Angebot zu schaffen, die sich aus der Masse herausheben. Eine ästhetische und farblich ansprechende Gestaltung ist dabei genauso wichtig wie ein effektives Suchmaschinenranking.
Amazon ist zwar der Platzhirsch im Online-Handel, aber eben auch amerikanisch standardisiert. Sehen Sie Amazon zwar als Vorbild, aber setzen sie sich von der dortigen optischen Gestaltung ganz bewusst und entschieden ab.
Vom Neuromarketing zur Umsatzsteigerung
Die Gedankengänge des Kunden können durch positive Reize beeinflusst werden. Kaufentscheidungen werden meistens nicht rational getroffen. Richten Sie sich als Online-Händler genau auf die Zielgruppe ein, die sie erreichen wollen. Es ist zwar ein Klischee, aber immer noch wahr, dass Frauen positiv auf Rosa reagieren, während Männer ihre Baumaschinen am liebsten in Stahlgrau sehen wollen. Platzieren Sie Ihre Produkte in einem attraktiven und emotionalen Umfeld.
Und nicht nur die Farbe ist wichtig, sondern auch positive Assoziationen und die Umgebung. Das Produkt sollte im Vordergrund stehen und es sollte im Kunden einen inneren Impuls zum Kauf wecken.
Gar nicht gut aus der Sicht des Neuromarketing ist dagegen die klassische Empfehlung „Das könnte Sie auch interessieren…“. Ein Verweis auf andere Produkte lenkt den Kunden nur ab und verzögert den Verkauf eher.
Neuromarketing im E-Commerce
Es gibt einige konkrete Ansätze, um aus Neuromarketing Vorteile zu ziehen. Der Herdentrieb besteht darin, dass einer die Führung übernimmt und alle anderen folgen. Dieses altbekannte Phänomen hat Neuromarketing wissenschaftlich untermauert. Im Internet und beim Online-Shopping orientieren sich Käufer gerne an den Bewertungen anderer. Positive Kritiken ziehen an, negative schrecken ab. Für Sie als Händler heißt das: Platzieren Sie die Kundenbewertungen prominent auf Ihrer Site. Wenn ein bekannter Branchenkenner oder ein Presseorgan sich positiv über Sie geäußert hat, beziehen Sie das in Ihre Kommunikationsstrategie ein.
Emotionen und Blickkontakt
Setzen Sie auf Emotionen. Das galt lange als verpönt, aber Neurobiologen haben herausgefunden, dass Emotionen Entscheidungen entscheidend beeinflussen. Eine lange Liste von Produktfunktionen ist zwar für technische Produkte unabdingbar, sollte aber in den Hintergrund gestellt sein und nur auf Verlangen abrufbar. Versuchen Sie stattdessen, eine Geschichte rund um das Produkt und die Marke zu erzählen.
Verkaufsprozesse laufen nicht rational ab. Oft orientieren sich Käufer daran, was momentan sozial erwünscht und angesagt ist.
Das Auge kauft mit. Der Blickkontakt spielt in der sozialen Interaktion eine wichtige Rolle. Neuromarketing hat herausgefunden, dass es ungünstig ist, wenn ein Gesicht auf der Web-Site direkt den Kunden anblickt. Besser ist es, wenn das Gesicht einer Person leicht seitlich auf das Produkt gerichtet ist, das ja schließlich die Hauptaufmerksamkeit erfahren soll.
Raffinierte Verpackung sorgt für Folgekäufe
Mit dem erfolgreichen Verkauf sollten Sie die Transaktion nicht als abgeschlossenes Kapitel ansehen. Sehen Sie sie vielmehr als Chance zu Nachfolgegeschäften. Ein wichtiges Element ist hier die Produktverpackung. Das Auspacken eines Produktes sollte für den Kunden ein sinnliches Erlebnis sein, das sich ins Langzeitgedächtnis einprägt. Denken Sie nicht nur an die Kosten, sondern investieren Sie in eine originelle und ästhetische Verpackung. Auf YouTube kursieren unzählige „Unboxing“-Videos, auf denen Kunden ihre neu angeschafften Produkte liebevoll auspacken. Lassen Sie den Kunden nicht allein im Ungewissen, sondern informieren Sie ihn zeitnah über den Versandstatus und das wahrscheinliche Lieferdatum.
Farben erzählen Geschichten
Das Farbempfinden spielt eine wichtige Rolle in der Sinneswahrnehmung. Die Farbe Schwarz ist mit Luxus oder Professionalität assoziiert, Weiß mit Unschuld oder Reinheit, Rot mit Eleganz, Grün mit Natur oder Ruhe. Nutzen Sie dies, um Ihre Produkte in einem Umfeld zu positionieren, die Ihrer Botschaft entspricht.
Vorsicht mit „Sex sells“
„Sex sells“ heißt ein bekanntes Schlagwort. Das ist aber mit Vorsicht zu genießen, denn übertrieben freizügige Darstellungen schrecken Frauen eher ab. Und auch das Lächeln im Gesicht einer Person sollte eher dezent ausfallen, weil sonst die Glaubwürdigkeit leidet.
Insgesamt steht Neuromarketing noch ganz am Anfang. Aber mit gewissen Techniken aus dem Neuromarketing können gewiefte Händler ihren Umsatz steigern.