Frauen und Männer, Mädchen und Jungen springen beim Einkaufen nicht nur auf andere Dinge an, sondern auch auf unterschiedliche Reize. Daher gewinnt Gender-Marketing im Online-Handel immer mehr an Bedeutung.
Gender-Marketing klingt zwar so, aber es geht nicht oder nur ganz am Rande darum, Rainbow T-Shirts zu bewerben. Vielmehr ist es das, was die Kaufhäuser schon lange praktizieren. Die Abteilung für Damenbekleidung sieht meist viel fröhlicher und bunter aus als die für Männer, die es eher schlicht und „gediegen“ wollen. Gemeint sind vor allem ältere Herren, während es die jungen je nach Modetrend auch eher in die schrille Ecke drängt. Das ist jedoch ein anderes Thema.
Ob in die Wiege gelegt oder qua Sozialisation ist nicht eindeutig geklärt, aber Berliner Eltern, die es anders machen wollten, mussten nach zehn oder zwölf Jahre in einem Radiointerview zugeben, dass sie ihren Mädchen schließlich doch Puppen und rosa Kleidchen, den Jungs Spielzeugautos und blaue Hosen gekauft hatten. Im stationären wie im Online-Handel und in der Modewelt wird damit bewusst „gespielt“.
Leider werden damit allerdings mitunter auch Rollenklischees bedient, zumal viele Produkte für die weibliche Kundschaft von Männern entwickelt werden. „Pink it and shrink it“, „mach es klein und mach es rosa“ ist die Überspitzung dieses Phänomens. Dabei kann der Schuss auch nach hinten losgehen. Wussten Sie übrigens, dass rosa bis etwa 1920 als männlicher und blau als weiblicher Babyfarbton galt?
Männer kaufen, Frauen shoppen
Aber wie kaufen Männer und Frauen ein, worauf springen sie dabei an? „Men are buyers, women shoppers“ (frei übersetzt: Männer kaufen, Frauen shoppen), so die amerikanische Marketing-Expertin Marti Barletta. Eine Studie der ESB Business School Reutlingen scheint ihr Recht zu geben:
- 65 Prozent der Männer, aber nur 25 Prozent kaufen ein Produkt sofort nach der Anprobe.
- Männer konzentrieren sich beim Verkaufsgespräch zu 70 Prozent auf das Produkt, nur zu 30 Prozent auf den Verkäufer, bei Frauen ist es andersherum.
- Männer gehen mit einer konkreten Kaufabsicht in ein Geschäft, Frauen stöbern gerne.
Eine Infografik von VOTUM nach Barletta zeigt, dass Männer linear entscheiden, Frauen dagegen um das Produkt herumschleichen und sich vielleicht noch telefonischen Rat einer Freundin einholen, bevor sie sich entscheiden.
Hier eine Gegenüberstellung, was Männer und Frauen beim Shoppen anspricht:
Was Frauen anspricht…
- Wohlfühl-Atmosphäre: inspirierende Gestaltung/Ästhetik
- lebendige Farben und Muster, runde Formen
- Beratungsangebote und Kundenmeinungen
- Übersichtlichkeit und Vielfalt
- Persönliche Ansprache und ausführliche Beschreibung
- Scroll-Seiten zum Stöbern
- Close-Ups von Produktbildern
- Empathie und Kundenbindungsprogramme
Was Männer anspricht…
- nüchterne Darstellung der Produkte
- dunkle Farbtöne und dynamische Formen (Pfeile)
- klare Produktbeschreibungen und technische Informationen
- großzügige Warenpräsentation, aber Konzentration auf wenige Marken
- Fakten: Test- und Vergleichsberichte
- Innovationsgrad und Expertenwissen
- Animationen und 3D-Darstellung
- Schnelle Bedienung und Bezahlmöglichkeit
- Expertenwissen
Es muss nicht der reine Er- oder Sie-Shop sein
Beispiele für rein Frauen ansprechende Online-Shops im Bereich Mode sind mytheresa.com, Honest und Nelly.com, die für Männer heißen Mr Porter, Outfittery oder Topman, der Name ist Programm. Hinzu kommen natürlich andere eher geschlechterspezifische E-Commerce-Auftritte wie Online-Baumärkte, die eher die Männerwelt ansprechen.
Neben den genannten mehr oder weniger rein geschlechterspezifischen Online-Shops gibt es auch eine Reihe von anderen guten Online-Shops, die virtuell quasi getrennte Eingänge für Damen und Herren haben. Sehr gelungen ist die Trennung zum Beispiel bei About You, bei Closed (man achte auf die unterschiedliche Farbwahl) und bei Lesara. Der „Höhle der Löwen“-Gewinner und PAYMILL-Kunde Morotai setzt grundsätzlich auf weiß, grau und weiß gehaltene Sportswear, weiß die Linie aber auch ganz klar nach „Männlein“ und „Weiblein“ zu trennen.