Die Europäische Union (EU) will den Verbraucherschutz auch online ausbauen. Online-Händler müssen so künftig dieselben Garantien und Gewährleistungen bieten, wie der stationäre Handel.
Die Europäische Kommission hat unter der Leitung der tschechischen Kommissarin Věra Jourová neue Initiativen zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Internet gestartet. Verbraucher sollten überall in Europa die gleichen Rechte haben.
„Wir schaffen ein ebenes Spielfeld für Unternehmen, indem wir ihnen mehr Rechtssicherheit und Vertrauen geben, über Landesgrenzen hinweg zu kaufen und zu verkaufen. Indem wir gesetzliche Beschränkungen niederreißen, helfen wir besonders sehr kleinen Unternehmen, einen fairen Anteil am E-Commerce im Wettbewerb mit Riesen wie Amazon zu erwerben“, so Pascal Arlimont, belgischen Europaabgeordneten
Die neuen Richtlinien muss noch von den Botschaftern der Mitgliedsstaaten (Coreper) und dem Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz bestätigt werden. Anschließend wird sie dem Europaparlament und dem Ministerrat zur Abstimmung vorgelegt.
Wenn sie in Kraft tritt, werden laut der neuen Richtlinien Online-Handel und stationärer Handel gleich behandelt. Güter mit digitalen Komponenten wie „smarte“ Kühlschränke, Fernseher, Uhren und Handys werden von den Richtlinien erstmals auch erfasst.
Die wichtigsten Regeln im Überblick:
- Wenn ein Produkt defekt ist, haben Kunden Anspruch auf Reparatur oder kostenfreien Ersatz.
- Wenn der Händler die Reparatur versucht und es danach immer noch nicht funktioniert, wenn die Reparatur nicht in einem „vernünftigen“ Zeitraum ausgeführt wird oder wenn es sich um einen ernsthaften Schaden handelt, kann der Kunde den Kaufvertrag kündigen oder eine vollständige oder teilweise Erstattung des Kaufpreises verlangen.
- Der Händler haftet für Defekte für einen Zeitraum von zwei Jahren (Einzelstaaten können auch ein längere Garantiedauer festlegen).
- Die Beweislast für ein defektes Produkt liegt nicht beim Verbraucher (eine Umkehrung der bisherigen Regeln).
- Verstöße gegen den Datenschutz werden als Mangel geregelt.
Detaillierte Übersicht
Im Folgenden finden Sie die neuen Details der „Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenhandels“ (COM(2017) 637) und der „Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und Dienstleistungen“ (COM(2015) 634):
1. Warenhandelsrichtlinie
- Anwendungsbereich:
Sogenannte „Waren mit digitalen Elementen“ unterfallen allein der Richtlinie über Warenkäufe (und nicht der Richtlinie über digitale Inhalte und Dienstleistungen). Für alle Waren, die digitale Elemente enthalten (z.B. die Software bei einem „intelligenten Kühlschrank“) oder mit digitalen Elementen – das können auch Dienstleistungen sein – so verbunden sind, dass sie ohne diese Elemente ihre Funktion nicht erfüllen könnten, gelten damit die Vorschriften der neuen Warenhandelsrichtlinie.
- Updates für Waren mit digitalen Elementen:
Der Verkäufer muss auch für Waren mit digitalen Elementen Aktualisierungen bereitstellen, und zwar grundsätzlich solange, wie der Käufer dies nach Art und Zweck der Ware vernünftigerweise erwarten kann; in einigen Fällen soll jedoch eine feste Frist gesetzt werden können.
- Spielraum für die Mitgliedstaaten:
Die Mitgliedstaaten behalten die Möglichkeit, eine Pflicht zur Mängelrüge innerhalb von zwei Monaten nach Auftreten des Mangels vorzuschreiben.
- Fristen:
Die Gewährleistungsfrist beträgt grundsätzlich zwei Jahre ab Lieferung der Ware. Soll ein digitales Element der Ware gemäß dem Vertrag über einen längeren Zeitraum kontinuierlich bereitgestellt werden, verlängert sich der Haftungszeitraum für dieses Element entsprechend. Die Mitgliedstaaten können aber eine längere Frist vorsehen. Sie dürfen auch eine Verjährungsfrist vorsehen, die länger ist als zwei Jahre. Bei Gebrauchtwaren darf die Gewährleistungsfrist auf mindestens ein Jahr reduziert werden.
2. Richtlinie über digitale Inhalte und Dienstleistungen
- Beendigung langfristiger Verträge:
Die Regeln, nach denen Verbraucher Verträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr nach 12 Monaten kündigen durften, wurden aus der Richtlinie gestrichen; ihre Regelung bleibt damit den Mitgliedstaaten überlassen.
- Gelegenheit zur Nacherfüllung:
Sind die digitalen Inhalte vertragswidrig, kann der Verbraucher den Vertrag erst beenden, wenn der Anbieter eine „zweite Chance“ zur Herstellung der Vertragsmäßigkeit nicht nutzen konnte.
- Fristen:
Die Beweislastumkehr für den Beweis eines Mangels zugunsten des Verbrauchers soll ein Jahr betragen. Die Gewährleistungsfrist darf nicht kürzer als zwei Jahre sein; d.h. Gewährleistungs- und Verjährungsfristen werden nicht vollharmonisiert. Bei fortlaufenden Bereitstellungen haftet der Anbieter während der gesamten Vertragsdauer für Mängel und trägt auch die Beweislast.
- Datenschutzverstöße als Mangel:
Ein Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung soll zur Vertragswidrigkeit von digitalen Inhalten führen, die die Verbraucher berechtigt, die geregelten „Abhilfen“ einzufordern.